3. Der peloponnesische Krieg. Alcibiadcs. 49
seines Vaters zu seinem Vormunde bestellt wurde. Er war schön von Gestalt und Antlitz, tapfer im Kampf, unternehmend, geistreich, gebildet mtd eilt treffsicher Redner. Aber mit diesen Vorzügen verband er einen trotzigen Uebermuth, der keine Schranken kannte, ein stolzes Bewußtsein von dem Reichthume und dem Glanze seiner Familie und einen grenzenlosen Leichtsinn, der sich ohne Ueber-legnng in die gewagtesten Unternehmungen stürzte. Dabei war er von Jugend auf der verzogene Liebling des Volkes, das ihm alle tollen Streiche verzieh, ja dieselben mit lautem Beifall von Mund zu Munde trug. Leute aus allen Ständen drängten sich mit ihren Schmeicheleien um deu eitlen Jüngling und huldigten dem Zauber-seiner Persönlichkeit. Der Einzige, der Einfluß auf ihn hatte, war Sokrates. Aber auch ihm wollte es nicht gelingen, den reichbegabten Jüngling dem Taumel der Sinnenlust zu entreißen. Doch bewahrte Alcibiadcs seinem Meister stets eine kindliche Verehrung und Anhänglichkeit.
_ Gesandte einer sicilischen Stadt baten um Hülfe wider Syracus.
Auf deu Rath des Alcibiadcs, der nach dem Ruhme eines großen Feldherrn strebte, lieh das Volk dem Gesuche eilt geneigtes Ohr.
Der Zug nach Sicilien wurde beschlossen, eine zahlreiche Flotte415 ausgerüstet und Alcibiades nebst zwei anderen Feldherren der Oberbefehl übertragen. Schon lag die Flotte zur Abfahrt bereit, als in der Nacht sämmtliche Herrn es sän len (Bildsäulen des Gottes Hermes, deren es in Athen sehr viele gab) verstümmelt wurden. Der Verdacht fiel auf Alcibiadcs. Der Angeschuldigte verlangte strenge Untersuchung; sie wurde verweigert, um den Feldzug nicht zu verzögern. Kaum aber war Alcibiadcs in Sicilien angekommen, als ihm ein Schiff den Befehl zur Rückkehr überbrachte, damit er sich gegen die Anklage auf Verhöhnung der Religion rechtfertige. Er folgte; unterwegs aber entfloh er und ging nach Sparta. Seine Liebenswürdigkeit und die Leichtigkeit, mit der er sich die strenge spartanische Lebensweise aneignete, verschafften ihm schnell die Gunst des Volkes wie der angesehensten Personen.
In Athm verurteilte man ihn zum Tode; Alcibiadcs rächte sich dafür, indem er die Spartaner bewog, den Feldherrn Gylippus mit einem Heere den Syracnsancrn zu Hülfe zu schicken.
In Sicilien hatte mittlerweile das Unternehmen der Athener einen günstigen Fortgang genommen. Die Flotte fuhr in den Hafen von Shrarus ein, und die Stadt wurde von der Land - und Seeseite hart bedrängt. Da erschien Gylippus, und seine geschickten Maßregeln brachten die Athener in die übelste Lage. Zwar erhielten die Letzteren Verstärkungen aus der Hciniath, aber eine Aenderung konnte dadurch nicht bewirkt werden. Man entschloß sich zum Abzüge. Doch die Feinde verwehrten in zwei glücklichen Gefechten der Flotts die Ausfahrt aus dem Hafen, und so mußten dtc Athener ihre Schiffe im Stiche lassen und den Rückzug zu
Schmelzer, Leitfaden. 4
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Iv. Griechenlands Blüthe und Verfall.
413 Sanbc antreten. Sie wurden eingeholt und fast gänzlich niedergemacht, ihre Feldherreu gefangen genommen und hingerichtet und-der Rest des Heeres, 7000 Mann, in Steinbrüche eingeschlossen und einem elenden Tode preisgegeben.
Die Athener ließen den Muth nicht sinken. Alle Anstalten wurden getroffen, um im nächsten Jahre mit einer neuen Flotte in See stechen zu können. Aleibiades hatte sich die Gunst der Spartaner nicht lange zu bewahren gewußt, und da man dem schlauen Athener nie so recht traute, so wurde der geheime Befehl gegeben, ihn aus dem Wege zu räumen. Aleibiades erhielt Kunde von der ihm drohenden Gefahr und floh zu dem persischen Statthalter Tissaphernes, deu er jetzt für eiu Büuduiß mit Athen zu gewinnen suchte. Dieser Umstand stimmte seine Landsleute versöhnlicher gegen ihn, und sie ernannten ihn wieder zum Oberbefehlshaber. Wie mit einem Schlage wandte sich das Glück von Neuem den Athenern zu. Nach mehreren siegreichen Gefechten, die deu Muth der athenischen Seeleute neu belebten, brachte Aleibiades deu Spartanern bei Cyzicns zu Wasser und zu Lande eine vollständige Niederlage bei.
Nach solchen Thaten konnte Aleibiades dem Wunsche, seine Vaterstadt wiederzusehen, nicht länger widerstehen. Allgemeiner Jubel begrüßte deu heimkehrenden Helden, und eine Macht wurde ihm eingeräumt, wie er sie nie vorher besessen. Aber zum zweiten Male stürzten die Athener selbst den Mann, der sie allein vom Untergänge hätte retten können. Als die Spartaner dem athenischen Unterfeldherrn, der sich in Aleibiades' Abwesenheit und gegen dessen ausdrücklichen Befehl in ein Gefecht eingelassen, eineu geringen Verlust beibrachten, wurde Aleibiades wegen Fahrlässigkeit angeklagt und seiner Würde entsetzt. An seine Stelle traten zehn meist unfähige Führer. Da erschien der Spartaucr^Lhsander, ein Mann von unbegrenzter Ehrbegierde und rastloser Thätigkeit, mit einer neuen, zahlreichen Flotte im Hellespont und nahm am Strande Ausstellung. Die Athener wählten zum Standort die gegenüberliegende Küste, da wo sich der Ziegeufluß (Aegospotamos) ius Meer ergießt. Lysauder wich einer Schlacht, die ihm die Athener täglich anboten, beharrlich aus. Dadurch sicher gemacht, verließ die athenische Besatzung die Schiffe und zerstreute^ sich auf dem 405 Lande. Da griff Lysander unerwartet au und zerstörte und entführte fast ohue alle Gegenwehr die gestimmte feindliche Flotte.
So endete eine einzige Stunde den langen, wechselvollen Krieg. Wenige Monate reichten hin, um alle griechischen Städte Kleinasiens und Thraeieus der Botmäßigkeit Sparta’s zu unterwerfen. Dann segelte Lysander mit 150 Schiffen nach dem Piräus (dem Hafen Athens), während sich gleichzeitig ein starkes Landheer der Stadt näherte. Aller Zufuhr beraubt baten die Athener um Frieden. Er wurde ihnen gewährt unter der Bedingung, die
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3. Miltiades und die Schlacht bei Marathon. 33
sich allein angewiesen. Trotzdem beschlossen sie, mit ihrer geringen Macht dem Feinde entgegen zu gehen.
Es war im September, als sich das nur 10000 Mann starke athenische Heer der unübersehbaren Menge der Perser gegenüber lagerte. Es stand unter zehn Feldherren, die der Reihe nach je einen Tag den Oberbefehl führen sollten. Einer von ihnen war Miltiades, früher Beherrscher des thracischen Chersones (jener Halbinsel, welche den Hellespont im Westen begrenzt), von wo er sich vor den Persern nach seiner Vaterstadt Athen zurückbegeben hatte. Er war es, der am meisten darauf gedrungen, die Feinde anzugreifen, ehe diese vor den Mauern der Hauptstadt erschienen. Freiwillig übertrugen ihm jetzt seine Mitfeldherren die Führung; doch wartete er für die Schlacht den Tag ab, an welchem ohnedies der Befehl an ihn gekommen wäre. Noch vor Beginn des Kampfes traf unerwartet eine Verstärkung von 1000 Platäern ein.
Miltiades stellte sein Heer so auf, daß auf dem rechten Flügel die Athener, auf dem linken die Platäer standen; in _der Mitte war die Schlachtordnung nur wenige Reihen tief, am stärksten auf den beiden Flügeln. Nach einen: feierlichen Opfer stürmten die schwerbewaffneten Kriegsmänner in raschem Laufe gegen den Feind an, so daß dessen Reiterei nicht Zeit gewann, dem Angriffe zuvorzukommen. Die Perser hielten den Stoß aus und durchbrachen das schwächere Mitteltreffen der Hellenen. Dagegen siegten diese auf den beiden Flügeln, schlossen dann ihre Reihen und brachten die Gegner auch in der Mitte zum Weichen. Nun wurde die Flucht allgemein; viele versanken in den nördlichen Sümpfen, die Mehrzahl stürzte nach dem Strande, um sich in die Schiffe zu retten. Hier entspann sich ein neuer Kampf; schaareuweise sanken die Barbaren im Gedränge und in der Verwirrung unter den Schwertern der Hellenen. Sieben Schiffe wurden genommen, die übrigen entkamen. 6400 Feinde lagen auf der Wahlstatt; die Griechen zählten nur 192 Todte. Darauf führte Miltiades das Heer schnell nach Athen zurück, in der Befürchtung, die Perser möchten das Vorgebirge Suninm (die Südostspitze von Attika) umschiffen) und die unvertheidigte Stadt überfallen. Wirklich erschien auch die feindliche Flotte vor dem Hafen. Als aber die Perser die Heldenschaar in Schlachtordnung aufgestellt sahen, wagten sie keine Landung und kehrten nach Asien zurück.
Am Tage nach der Schlacht trafen auch die Spartaner ein. Sie ließen sich das Schlachtfeld zeigen, wo noch die Leichen der Erschlagenen als Siegeszeichen lagen, priesen die tapfere That und zogen wieder heim. Die Athener begruben ihre Todten auf dem Schlachtfelde und ließen die Namen der Gefallenen auf zehn Säulen verzeichnen. Neben den Grabhügeln errichteten sie ein prächtiges Denkmal aus weißem Marmor und ein eben solches für Miltiades. Die Schlacht bei Marathon war der Stolz der Athe-
Schmelzer, Leitfaden. 3
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Iii. Sparta und Athen. Die Perserkriege.
5. Themistokles und die Schlachten Salamis.
Der erste Mann im athenischen Staate war nach Miltiades' Tode Themistokles. Er stammte aus einem alten Geschlechte und erregte schon als Knabe durch seinen lebhaften Geist und feinen Lerneifer die Bewunderung der Lehrer, die ihm prophezeiten, daß er einst Großes, sei es im Guten oder im Schlimmen, vollbringen würde. Ein Mann von rastlosem Ehrgeiz, hohem Verstand, und rascher Thatkraft, war er schon in jungen Jahren Haupt und Führer einer großen Partei. Längst hatte er in Marathon nicht das Ende, sondern den Anfang der Kämpfe mit den Persern gesehen, und er erkannte, daß Athen nur dann gerettet werden könne, wenn es im Besitz einer starken Flotte sei. Darum war er eifrig bemüht, seine Mitbürger zu bestimmen, die Zahl ihrer^Schiffe auf mindestens 200 zu erhöhen. Aber er fand in diesem Streben viele Gegner. Der hervorragendste war Aristides, ein Mann, der sich durch seine Uneigennützigkeit und Unbestechlichkeit den Beinamen des „Gerechten." erworben hatte, der sich weder durch Erfolg noch durch Mißgeschick von dem Pfade der Tugend abbringen ließ. Um sich dieses einflußreichen Gegners zu entledigen, klagte ihn Themistokles als der Freiheit gefährlich an, und Aristides wurde durch den Ostracismus oder das Scherbengericht (so genannt, weil Jeder den Namen des zu Verbannenden auf eine Scherbe schreiben mußte) auf zehn Jahre aus Athen verwiesen. Nun konnte Themistokles um so leichter das Volk für seine Plane gewinnen. Auf seinen Antrag wurden die Einkünfte aus dem Silberbergwerke im Laurium zur Erbauung und Ausrüstung von Kriegsschiffen verwendet, und binnen wenigen Jahren besaß Athen eine Flotte, mit der es wagen konnte, den Kampf mit den Persern aufzunehmen.
Nachdem die persische Flotte den Kanal, durch welchen Xerxes das Vorgebirge Athos hatte abgraben lassen, passirt, langte sie an den thracischen Küsten vorübersegelnd beim Vorgebirge Artemisium (der Nordspitze Enböa's) an. Hier stieß sie auf die nur 280 Segel starke griechische Flotte, über welche der Spartaner Enrhbiades den Oberbefehl führte, während Themistokles die athenischen Schiffe befehligte. Es entspann sich ein Kampf, in welchem die Griechen zwar nicht siegten, aber doch den Feinden empfindliche Verluste beibrachten. Dann zogen sie sich nach dem saronischen Meerbusen zurück und gingen in der Bucht von Salamis vor Anker, zu derselben Zeit, als sich das persische Landheer den Grenzen Attika's näherte. Nach der Einnahme der Thermo-pylen hatte dieses Doris, Phocis und Böotien verheert und rückte nun auf Athen los. Da die Spartaner sich auf die Vertheidigung des Isthmus beschränkten, so blieb den Athenern
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5. Themistokles und die Schlacht bei Salamis. 37
fein Ausweg, als dem Rathe des Themistokles zu folgen und sich auf die Schisse zu retten. Das delphische Orakel schien biefen Entschluß gutzuheißen, bettn es hatte auf eine Anfrage erklärt, die Athener würden nur hinter hölzernen Mauern sicher fein. Ohne Wiberstanb zu finbeit, brangen die Perser in bic verlassene Stadt ein tute ließen biefelbe in Flammen aufgehen.
Mittlerweile hatte sich die griechische Flotte auf 378 Schiffe verstärkt, von bencit die Athener allein 180 gestellt. Anfangs war man entschlossen, den Angriff der Perser in der engen Bucht zwischen Salamis und Attika zu erwarten. Als aber die feindliche Flotte heransegelte, und so weit das Auge reichte, das Meer mit Schiffen bedeckt war, da entsank den Meisten der Muth, und sie drangen auf Abzug. Da ersann Themistokles, um seine Lanbs-lente zum Kampfe zu zwingen, eine List. Er schickte einen Boten an Xerxes nnb ließ ihm sagen, die Hellenen seien uneinig; wenn er sie jetzt angriffe, so würde er wenig Wiberstanb finbeit. Sofort gab der König Befehl, die Griechen einzuschließen, und so hatten bicsc feine Wahl, als sich zur Entscheidungsschlacht zu rüsten. — Ein athenisches Schiff begann den Angriff, inbent es seinen Schnabel so fest in die Seite eines feinblichen bohrte, baß480 beide nicht mehr aus einander konnten. Andere Fahrzeuge kamen den kämpfenden zu Hülfe, und die Schlacht würde allgemein. Anfänglich hielten die Reihen der Perser Staub, zumal ba Ter res von einer vorspringenden Felsetthöhe dem Kampfe zusah. Da je-boch die Menge ihrer großen und hohen Schiffe zur vollen Aufstellung uttb schnellen Bewegung nicht hinlänglichen Raum hatte, geriethen sie in Unorbnung, und der Kampf enbetc mit ihrer völligen Nieberlage. 200 persische Schiffe würden in den Grunb gebohrt, bic Meeresfläche war bebeeft mit Trümmern und bett Leichen der Erschlagenen. Wehgefchrei, Aechzen und Stöhnen tönte ans bcn Flutheu der See empor, bis das Dunkel der Nacht Alles verhüllte. Ter res ging balb bar auf aus Furcht, bic Griechen möchten die Brücken über den Hellcspont zerstören, mit einem Theile des Heeres nach Asten zurück, wohin ihm bic Flotte schon vorangeeilt war.
Ein persisches Heer in der Stärke von 300000 Mann war unter dem Oberbefehl des Mardonius in Griechenland zurückgeblieben. Es nahm bei Plaläii in Böotien Aufstellung, wo es im folgenben Jahre von dem spartanischen Könige Pausanias, 479 unter welchem Aristides die Athener befehligte, angegriffen und gänzlich geschlagen würde. 100000 Perser, unter ihnen Marbo-nins selbst, bebeeften das Schlachtfeld», der Rest rettete sich in eiliger Flucht nach Asien. An demselben Tage erfocht auch die Flotte unter Führung des Spartaners Leottzchides uttb bcs Atheners Xailihippus einen glänzenben Sccficg ant Vorgebirge Mykale, Samos gegenüber. So war Gricchcnlanb in allen seinen Theilen
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3. Der peloponncsische Krieg. Alcibiades. 47
und Lanze, zu den Füßen den Schild. Phidias, dem die Ans-führnng des Kunstwerkes übertragen war, hatte anfänglich Marmor dazu vorgeschlagen; das Volk aber verlangte, daß er Gold und Elfenbein verwende. Auf der höchsten Stelle der Burg stand ein anderes Bild der Athene, aus Erz gegossen, um 15 Meter den künstlichen Unterbau überragend. Schon von Summn aus erblickte der heimkehrende Schiffer den glänzenden Helm und die erhobene Lanze der Göttin. Außer dem Parthenon umschloß die Akropolis uoch andere Tempel und Heiligthümer. Der ganze Raum aber, die Gemächer, Gänge und Säulenhallen, die Höfe und freien Plätze waren mit Bildsäulen von Göttern und Menschen erfüllt, und Alles strahlte vom Glanze des Marmors, des Erzes und Goldes.
Durch Errichtung dieser und anderer Bauwerke wurden nicht nur die untern Volksklassen nützlich beschäftigt, der Kunstsinn und der vaterländische Stolz der Bürger geweckt, sondern auch der Größe des hellenischen Volkes Denkmäler geschaffen, die den kriegerischen Ruhm desselben weit überlebt haben.
3. Der peloponncsische Krieg. Alcibiades.
Die Macht und der Glanz, zu denen sich Athen unter Peri-kles' Leitung erhob, waren nur geeignet, die Mißgunst und den Neid der Spartaner und ihrer Bundesgenossen rege zu machen. Lange vermied man es, einen Anlaß zu Feindseligkeiten zu geben. Endlich aber kam der lang verhaltene Groll zum Ausbruch und hatte den für ganz Griechenland so verderblichen pelopon- [431—404 nesischen Krieg zur Folge.
Aus Seite Sparta's standen sämmtliche Staaten des Peloponnes, mit Ausnahme von Argos und Achaja, welche neutral blieben; ferner Theben, Megara, Locris und Pho-cis. Mit Athen waren außer den unterworfenen zinspflichtigen Städten nur Thessalien, Arcanien und Corcyra verbündet. Aber wenn es den 60000 schwerbewaffneten Peloponnesiern nur 16000 Mann Landtruppen entgegen zu stellen vermochte, so besaß es dafür eine zahlreiche Flotte und einen gefüllten Schatz. Den Kampf eröffneten die Spartaner, welche unter ihrem Könige Archidamns in Attika einrückten. Mit Weib, Kind und Habe flüchteten die Landbewohner in die feste Hauptstadt, während die seindlichen Schaaren die Fruchtfelder und Weinberge verwüsteten, die Oelbäume fällten und die verlassenen Häuser zerstörten. Dafür vergalten ihnen die Athener durch verheerende Raubzüge nach den peloponnesischen Küsten. Im nächsten Frühjahre wiederholte Archidamns seinen Einfall. Aber diesmal stand noch ein anderer Feind gegen die Athener auf, der größere Opfer forderte, als das Schwert und die Brandfackel der Spartaner: die
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32 Iii. Sparta und Athen. Die Perserkriege.
Griechen bevölkert, daß es den Namen „ Groß-Griech enland " erhielt. Hier lagen die Städte Heraklea, Sybaris, Krotvn, Rheginm (Reggio), Cnmä, Neapolis oder Parthenope (Neapel) und Tarent. Wohin aber auch die Hellenen kamen, dahin trugen sie die befruchtenden Keime griechischer Bildung.
Durch Cyrus waren die kleinasiatischen Griechen, die Ionier, unter persische Herrschaft gekommen. Um sich derselben zu entziehen, erhoben sie ums Jahr 500 einen Aufstand, eroberten und verbrannten Sardes, wurden aber bald darauf geschlagen und wieder unterworfen. Bei dieser Gelegenheit hatten' auch die europäischen Griechen und besonders die Athener ihren Landsleuten Beistand geleistet. Um sie dafür zu züchtigen, sandte König Darins Hystaspis ein Landheer und eine Flotte unter dem
492oberbefehl seines Schwiegersohnes Mardonius ab. Aber die Flotte wurde von einem heftigen Sturme wider das Vorgebirge Athos (auf der östlichen Landzunge der chalcidischen Halbinsel) geschleudert, so daß 300 Schiffe mit 20000 Mann zu Grunde gingen, und das Landheer sah sich durch einen Ueberfall der Thracier zum Rückzüge gezwungen. Doch Danus gab das Unternehmen nicht auf. Er rüstete von Neuem und sandte in die griechischen Städte Boten voraus, welche Erde und Wasser zum Zeichen der Unterwerfung forderten. Die meisten Städte und Inseln leisteten die verlangte Huldigung, nur die Spartaner und Athener weigerten sich. Die Ersteren warfen die Herolde in einen Brunnen mit den höhnischen Worten, dort möchten sie sich Erde und Wasser nach Belieben holen; in Athen stürzte man sie in den für Verbrecher bestimmten Abgrund.
490 Ein furchtbarer Kriegssturm brach nun im Jahre 490 von Osten her wider Griechenland los. 100000 Mann zu Fuß und 10000 Reiter segelten auf einer Flotte von 600 Schiffen über das ägeische Merr, um die Athener zu Sclaven zu machen und in Ketten vor Darius zu bringen. Den Oberbefehl führte Datis, ein Meder, und Artaphcrnes, des Königs Neffe; Hippias, der ebenfalls am Zuge Theil nahm, brannte vor Verlangen, sich an seinen Widersachern zu rächen. Nach Unterwerfung der Eykladen landeten die Perser auf Euböa, eroberten und zerstörten Er e tri et und schleppten die Bewohner in die Sclaverei. Dann setzten sie über den Sund und lagerten sich in der Ebene von Marathon, die ihrer Reiterei die beste Gelegenheit zur Entwicklung bot. Als man in Athen die Kunde vernahm, daß das persische Heer auf attischem Boden stehe, faßte man den männlichen Entschluß, Gut und Leben für die Freiheit zu wagen. Ein Schnellläufer wurde nach dem Peloponnes gesandt, um die Spartaner um Hülfe anzugehen. Diese waren dazu bereit, wagten aber nicht einem alten Gesetze zuwider zu handeln, das ihnen verbot, vor dem Vollmonde auszuziehen. So sahen sich denn die Athener auf
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Extrahierte Personennamen: Reggio Cyrus König_Darins_Hystaspis Mardonius Danus Darius
38 Iv. Griechenlands Blüthe und Verfall.
von den Barbaren befreit, und die Helleneil gingen nun selbst zum Angriff über. Nach mancherlei glücklichen Unternehmungen an den thracischen und kleinasiatischen Küsten gewann der 469athener Cimon, Miltiades' Sohn, den herrlichen Doppelsieg am Eurymedon (an der Südküste Kleinasiens), wo erst die Flotte und dann das Landheer der Perser vollständig geschlagen wurde. Die Folge war die Befreiung der jonischen Städte Kleinasiens vom persischen Joche und die unbestrittene Herrschaft der Griechen zur See.
Th emistokles, der sich das meiste Verdienst um sein Vaterland erworben, endete in der Verbannung. Des Einverständnisses mit dem Feinde beschuldigt, floh er Schutz suchend nach Persien, wo ihn König Artarerxes bereitwillig aufnahm und ihm drei Städte zu seinem Unterhalt anwies. Als ihn aber dieser aufforderte, bei der Unterwerfung Griechenlands behülflich rn sein, gab er sich selbst den Tod.
Iv. Griechenlands Müthe und Verfall.
1. Geistesleben der Griechen.
Mit dem Emporstreben der griechischen Macht hielt der Aufschwung im geistigen Leben des Volkes gleichen Schritt. Am frühesten gelangte die Dichtkunst zu hoher Blüthe. Mit Dauk- und Lobliedern nahte man sich den Altären der Götter, Gesang und Tonkunst verherrlichten die Festmahle der Könige und erhöhten die Leichenfeier der Helden. Wandernde Sänger waren an den Höfen und Palästen der Fürsten und Edlen hochgeehrte und wohlgelittene Gäste. Allmählich bildeten sich besondere Sängerschulen aus, die sich nach dem Inhalte ihrer Dichtungen unterschieden und nach ihren Stiftern benannten. In diesen Kreisen und Genossenschaften wurden die bereits vorhandenen Dichtungen auswendig gelernt, der Vortrag geübt, die Regeln, nach denen sie abgefaßt, dem Gedächtniß eingeprägt und so die festen Formen für neue Schöpfungen gewonnen.
Unter den ältesten Dichtern wird der vielgefeierte, schon als Theiluehmer am Argonautenzuge erwähnte Orpheus genannt. Durch die Macht seiner Töne, denen die Alten die wunderbarsten Wirkungen zuschrieben, zähmte er die verwilderten Gemüther und pflanzte die Keime der Gesittung in die Brust der Menschen. Aber „der lieblichste Sänger von allen, der die holdesten Lieder brachte", 1000] war „der blinde Mann von Chios", der „unsterbliche" Homer. Sieben Städte stritten sich um die Ehre, die Heimath des Dichter-
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4. Thcben. Pelopidas und Epamincndas.
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Festungswerke zu schleifen, die noch übrigen Schiffe auszuliefern und die Oberhoheit Sparta's auzuerkenueu. Hierauf setzte Lysander eine oberste Verwaltungsbehörde von dreißig Männern — „dreißig Tyrannen" nannte sie das Volk — ein und kehrte dann siegreich und mit unermeßlicher Beute beladen in seine Vaterstadt heim.
Alcibiades überlebte den Fall Athens nicht lange. Nach der Schlacht von Aegospotamos suchte er Schutz bei dem persischen Statthalter Pharnabazns, der ihn auf Verlangen der Spartaner durch ausgesandte Meuchelmörder todten ließ.
4. Theben. Pelopidas und Epaminondas.
Die hellenischen Staaten, die bisher der Führung Athens hatten folgen müjsen, begrüßten den endlich gewonnenen Triumph über dasselbe als deu Anfang eines neuen und glücklichen Zeitalters und Lysander als den Befreier Griechenlands. Aber die neueu Gebieter zeigten bald, daß es ihnen weniger nnt Griechenlands Freiheit, als nin die eigene Herrschaft zu thun war. Mit erbarmungsloser Strenge wütheten die von ihnen in den überwundenen Städten^ eingesetzten Behörden gegen ihre Widersacher, schafften sie mit List und Gewalt bei Seite oder trieben sie in die Verbannung und zogen die Güter der Gemordeten und Flüchtigen, ein. Am ärgsten wirthschafteten die Tyrannen in Athen; dort wurden sie aber auch schon nach einem Jahre wieder vertrieben. Einer der Verbannten, Thrasybulus, sammelte seine Gesinnuugs-geuoisen um sich, besetzte den Piräus, stürzte die Gewalthaber und stellte die alte Verfassung wieder her. ' 403
Aber auch die bisherigen Bundesgenossen hatten unter der Willkürherrschaft Sparta's zu leiden, das, um Griechenland desto leichter unter sein Joch beugen zu können, durch seinen Feldherrn Antalcidas einen schimpflichen Frieden mit dem Perserkönige schloß, 337 durch welchen die jonischen Städte Kleinasiens den Barbaren über- " liefert wurden. Auf Einladung des Leontiades, des Hauptes der Partei der Vornehmen in Theben, bemächtigten sich die Spartaner der Kadmea und ließen eine Besatzung auf derselben zurück, unter deren Schutz nun Leontiades mit seinen Freunden Philippus und Archias eine Tyrannenherrschaft aufrichtete und" alle Anhänger der Volkspartei ans der Stadt vertrieb. Die Mebrrabl derselben floh nach Athen.
Unter den Verbannten befand sich auch Pelopidas. Er gehörte einer altadeligen, reichbegüterten Familie an, war aber dennoch ent entschiedener Anhänger des Volkes. Er war eine hochherzige Natur, eiu rücksichtsloser Feind aller Ungerechtigkeit, tapfer und muthig im Kampf und voll glühender Hingebung an das Vaterland. Mit feurigen Worten legte er es seinen Mitverbannten ans Herz, Gut und Blut für die Befreiung Thebens einzusetzen. Aber
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34 Iii. Sparta und Athen. Die Pcrserkricge.
ner für alle Zeiten, und ein hohes Selbstgefühl erfüllte die
Brust des Mannes, welcher der Abkömmling eines Marathonkämpfers war.
Miltiades erntete für seine ruhmvolle That den größten Undank. Wegen eines verunglückten Zuges gegen die Insel Paros wurde er von seinen Feinden des Verrathes beschuldigt und angeklagt. Die Richter sprachen ihn zwar vom Tode frei, verurtheilten ihn aber zur Zahlung der Kosten des Unternehmens im Betrage
von 50 Talenten (1 Talent = 4500 Mark). Da er die Summe
nicht ausbringen konnte, mußte er ins Gefängniß wandern, wo er an einer vor Paros erhaltenen Wunde starb.
4. Leonidas und die Schlacht vor Thermophlä.
Die Niederlage von Marathon erhöhte nur den Grimm des Perserkönigs. Die umfassendsten Rüstungen wurden gemacht, und als Dar ins starb, nahm sein Sohn Xerxes die Rachepläne des Vaters gegen Griechenland wieder auf. Alle Theile des weiten Reiches erschallten von Waffengetöse, von allen Seiten strömten die Truppen nach Vorderasien, und ein Heer kam zusammen, wie es die Welt noch nicht gesehen. Damit die Flotte nicht wieder Gefahr liefe, am Vorgebirge Athos zu scheitern, wurde die Landzunge durch einen 25 Meter breiten Kanal durchstochen, während zum Uebergauge des Landheeres über den Hellespo nt zwei große Schiffbrücken geschlagen wurden- Nachdem diese passirt waren — ein Zug, der ununterbrochen sieben Tage und sieben Nächte dauerte —, hielt Terxes auf einer Ebene Thraciens eine große Musterung ab. Es fand sich, daß die gesammte Truppeu-macht 1700000 Mann betrug, darunter 80000 Reiter; die Flotte umfaßte 1200 Kriegsschiffe und 3000 Transportfahrzeuge. Nuu ging der Marsch weiter durch Thracien, Maeedonien und Thessalien bis an die Pforten von Hellas, alle Bewohner zur Theilnahme und zum Kriegsdienst zwingend.
Bei der nahenden Gefahr beschlossen die Griechen, ein Heer an dem Engpasse von Thermopylä aufzustellen, um den Feinden den Eingang nach Hellas zu wehren. Da aber gerade ein hohes Fest, das die Spartaner zu feiern für ihre Pflicht hielten, in diese Zeit fiel, so schickten sie einstweilen eine Schaar von 300 auserlesenen Streitern nach den Thermopylen, wo sich Mannschaften aus dem übrigen Peloponnes und Hellas mit ihnen vereinigten. Die ganze Macht zählte wenig über 7000 Mann, aber der spartanische König Leonidas, der den Oberbefehl führte, ersetzte durch seine Vaterlandsliebe und seinen Heldensinn die mangelnden Streitkräfte. Als die Perser heranrückten, machte er sich mit den Seinen Mch gewohnter spartanischer Weise durch festliches Schmücken und Spielen zum Kampfe bereit. Xerxes, der es nicht glauben
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